202506.10
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Richtig notariell vorsorgen als Immobilieneigentümer

Viele Immobilieneigentümer gehen davon aus, dass im Ernstfall – etwa bei plötzlicher Krankheit oder Tod – der Ehepartner automatisch alle Entscheidungen treffen darf. Doch genau hier liegt ein weitverbreiteter Irrtum, der insbesondere Immobilieneigentümer teuer zu stehen kommen kann. Wer eine Immobilie besitzt, vor allem wenn diese gemeinsam von Ehepartnern erworben wurde oder noch minderjährige Kinder vorhanden sind, sollte dringend über eine notarielle Vorsorgevollmacht in Kombination mit einem Testament nachdenken.

Die Geschäftsunfähigkeit eines Ehepartners ist keineswegs so abwegig, wie viele zunächst einmal glauben. Die Statistiken zeigen, dass auch bei jüngeren Menschen z.B. Schlaganfälle immer häufiger werden und einen oftmals völlig überraschend und ohne Vorankündigung treffen. Mit Glück erholen sich die Betroffenen nach einiger Zeit wieder weitgehend. Eine Garantie gibt es dafür jedoch nicht. Nicht selten verbleiben körperliche und auch geistige Beeinträchtigungen, die ein normales Leben in weite Ferne rücken lassen. Mit steigendem Alter kommt zum weiter steigenden Schlaganfall-Risiko noch das Demenz-Risiko hinzu.

Ist eine Geschäftsunfähigkeit erst einmal eingetreten, gibt es im Regelfall kein Zurück mehr: Für eine Vorsorge ist es dann meist zu spät!

Ohne Vorsorgevollmacht entsteht bei Geschäftsunfähigkeit eines Ehepartners ein gravierendes Problem: Der gesunde Partner ist keineswegs automatisch bevollmächtigt, Rechtsgeschäfte zu tätigen oder über die gemeinsamen Immobilien zu verfügen. Es kommt in solchen Fällen regelmäßig zu einem gerichtlichen Betreuungsverfahren. Das Gericht bestellt dann einen gesetzlichen Betreuer, der – auch wenn es im Idealfall der Ehepartner oder ein Familienangehöriger ist – für alle wesentlichen Rechtsgeschäfte zusätzlich eine betreuungsgerichtliche Genehmigung benötigt. So entsteht erheblicher Aufwand, der häufig monatelange Verzögerungen nach sich zieht und bei dringenden Angelegenheiten wie der Umschuldung eines Darlehens, notwendigen Renovierungen oder einem Verkauf zu massiven finanziellen und organisatorischen Problemen führen kann. Der Verkauf einer Immobilie, um z.B. eine barrierefreie Alternative zu kaufen, gestaltet sich unter gesetzlicher Betreuung schwierig, setzt die betreuungsrechtliche Genehmigung des Verkaufs (und auch einen ggf. folgenden Kaufs) voraus und verlangt fast immer ein kostenintensives Wertgutachten eines amtlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Immobilienbewertung. Zudem treffen gesetzliche Betreuer umfangreiche Dokumentations- und Berichtspflichten gegenüber dem Betreuungsgericht, was viele Familienangehörige, die ohnehin bereits mit der persönlichen Pflege stark belastet werden, in der Praxis überfordert.

Noch problematischer wird es möglicherweise im Todesfall, wenn keine testamentarische Regelung besteht. Stirbt ein Ehepartner ohne letztwillige Verfügung, greift die gesetzliche Erbfolge. Dies bedeutet, dass der hinterbliebene Partner gemeinsam mit den ggf. noch minderjährigen Kindern eine sogenannte Erbengemeinschaft bildet. Was emotional naheliegend erscheint, ist praktisch oft sehr ungünstig. Denn alle Entscheidungen rund um die Immobilie – ob Verkauf, Belastung oder Finanzierung – müssen einstimmig getroffen werden. Da minderjährige Kinder rechtlich nicht geschäftsfähig sind, benötigen solche Entscheidungen stets eine familiengerichtliche Genehmigung. Der überlebende Elternteil steht dann zusätzlich vor dem Problem, dass das Gericht bei Konflikten oder Zweifeln sogar einen Ergänzungspfleger bestellen kann, was wiederum Zeit, Kosten und zusätzlichen Ärger bedeutet.

Die Einbeziehung minderjähriger Kinder in eine Erbengemeinschaft ist daher – bei aller emotionalen Verbundenheit – meist eine denkbar ungünstige Lösung. Jede noch so einfache Entscheidung, die das Familienheim betrifft, wird zum komplizierten rechtlichen und bürokratischen Vorgang, der ohne gerichtliche Einbeziehung meist nicht möglich ist. Das Ergebnis sind häufig Stillstand und erhebliche finanzielle Risiken. Dem überlebenden Ehepartner wird es in einer solchen Konstellation nur mit viel Aufwand möglich sein, das gemeinsame Familienheim z.B. zu verkaufen. Gelingt das mit gerichtlicher Genehmigung doch, wird der Erlösanteil der minderjährigen Kinder jedoch im Regelfall auf gesonderten Konten zu deponieren sein, bis diese volljährig sind. Eine Reinvestition in ein anderes Familienheim wird das Gericht nur im Ausnahmefall genehmigen.

Sind oder werden die Kinder erst volljährig, muss es nicht unbedingt besser werden: Jedes Mitglied einer Erbengemeinschaft kann nämlich grds. die Aufhebung der Erbengemeinschaft verlangen, was dann durch gemeinsamen Verkauf oder alternativ die Teilungsversteigerung der gemeinsamen Immobilie erfolgt. Selbst wenn dies nicht im Interesse des überlebenden Ehepartners ist, kann dieser es häufig nicht verhindern, sofern er nicht im Einzelfall in der Lage ist, die Kinder „auszuzahlen“.

Auch wer kinderlos ist, steht ohne testamentarische Regelung nicht unbedingt besser da. Es ist nämlich ein weit verbreiteter Irrglaube, dass der jeweilige Ehepartner in kinderlosen Ehen automatisch zum gesetzlichen Alleinerben würde! Tatsächlich folgt häufig ein böses Erwachen, wenn der überlebende Ehepartner feststellt, nun überraschend in einer Erbengemeinschaft mit den Schwiegereltern oder sogar den Geschwistern des verstorbenen Ehepartners zu sein!

Die ideale Lösung liegt deshalb zunächst einmal in einer notariellen Vorsorgevollmacht. Durch sie wird ein gerichtliches Betreuungsverfahren von vornherein vermieden. Der bevollmächtigte Ehepartner erhält umfassende und sofortige Handlungsfähigkeit, sowohl bei Rechtsgeschäften gegenüber Banken und Behörden, als auch gegenüber dem Grundbuchamt. Diese Vollmacht entfaltet sofortige Wirksamkeit, erspart gerichtliche Verfahren und verhindert teure Verzögerungen. Nur eine notarielle oder öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht ist dabei grundbuchtauglich, weshalb eine rein privatschriftliche Vollmacht, wie sie häufig auch im Internet zum Herunterladen angeboten oder von sozialen Verbänden bereitgehalten wird, insbesondere für Immobilieneigentümer keineswegs ausreichend ist. Auch Banken und Sparkassen akzeptieren im Regelfall neben ihren eigenen Bankvollmachten nur notarielle Vollmachten, jedoch keine privatschriftlichen Vollmachten.

Zusätzlich empfiehlt sich dringend, die Erbfolge testamentarisch zu regeln. In vielen Fällen können Ehegatten schon mit einem sogenannten „Berliner Testament“ sicherstellen, dass zunächst der überlebende Ehepartner Alleinerbe wird. Damit wird vermieden, dass die Immobilie unmittelbar in eine Erbengemeinschaft fällt. Die Kinder werden dann erst nach dem Tod des zweiten Elternteils bedacht, was Streitigkeiten und gerichtliche Verfahren nachhaltig vermeidet. Ob ein solches Modell für das individuelle Ehepaar passend ist, muss jedoch individuell in einem (notariellen) Beratungsgespräch geklärt werden, da dies von vielen unterschiedlichen Gegebenheiten, inkl. der familiären sowie finanziellen Situation, abhängig ist. Gleichzeitig eröffnet ein notariell beurkundetes Testament vielfältige weitere Möglichkeiten der Gestaltung, um z.B. Pflichtteilsansprüche zu reduzieren und steuerliche Freibeträge gezielt auszunutzen (die beim klassischen „Berliner Testament“ zumindest teilweise ungenutzt bleiben).

Besonders empfehlenswert ist daher die Kombination aus notarieller Vorsorgevollmacht und Testament. Die Errichtung dieser Dokumente erfolgt beim Notar maßgeschneidert für die jeweilige familiäre Situation und berücksichtigt alle relevanten Aspekte wie den Güterstand, bestehende Darlehen und finanzielle Absicherungen. Durch die notarielle Beratung werden Fehler vermieden, und die Vorsorgeurkunden können direkt in die entsprechenden zentralen Register (Vorsorge- und Testamentsregister) eingetragen werden. Dies garantiert, dass die Vollmacht und das Testament im Ernstfall jederzeit auffindbar sind.

Möchten Sie mehr wissen? Dann lesen Sie gerne auch unseren vertiefenden Beitrag zum Thema Vorsorgevollmachten:

Ihr Ansprechpartner zum Thema Vorsorgevollmachten in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt und Notar Marc-Daniel Volk.

Einen Termin für eine Vorsorgeberatung (notarielles Testament und Vorsorgevollmachten, z.B. für Immobilieneigentümer) können Sie direkt hier buchen: Beratung zur notariellen Vorsorge anfragen