201503.20
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BGH ändert Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen

Der Bundesgerichtshof hat mit insgesamt drei wichtigen Urteilen vom 18. März 2015 zu Klauseln in Formularmietverträgen seine Rechtsprechung zum Thema Schönheitsreparaturen geändert. Der Großteil der Wohnraummietverträge enthält Klauseln, welche die Durchführung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter abwälzen. Dies führt immer wieder zu Streitigkeiten bei Auszug der Mieter.

Die nunmehr geänderte Rechtsprechung kann für Mieter die Ersparnis von Kosten zur Folge haben, da bei Auszug ggf. nicht mehr renoviert werden muss oder gar im laufenden Mietverhältnis die Renovierung durch den Vermieter verlangt werden kann. Allerdings dürften viele Vermieter nunmehr vor der Frage stehen, ob die eigenen Mietverträge ebenfalls betroffen sind und wie bei Abschluss neuer Verträge reagiert werden kann.

Welche Fälle sind betroffen?

Die Entscheidungen des BGH betreffen einerseits Mietverhältnisse, bei denen eine Wohnung nur teilweise renoviert übernommen wurde. In diesen Fällen enthielten bislang eine Vielzahl von Mietverträgen Regelungen, nach denen die Fristen für die Durchführung von Schönheitsreparaturen erst ab Mietbeginn zu laufen beginnen.

Wie der BGH nun entschied, sind derartige Klauseln AGB-rechtswidrig und damit unwirksam, da dem Mieter grundsätzlich nicht zuzumuten sei, bei Übernahme einer unrenovierten Wohnung die Abnutzungsspuren des Vormieters zu beseitigen. Eine Einschränkung wird jedoch für den Fall formuliert, dass der Mieter hierfür ausdrücklich einen angemessener Ausgleich erhält. Für die Frage, wann eine Wohnung renoviert und wann unrenoviert übernommen wurde, ist laut BGH letztlich auf den Gesamteindruck abzustellen, also darauf, ob Gebrauchsspuren so unerheblich sind, dass die Wohnung gleichwohl den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung macht.

Enthält der Mietvertrag eine Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter und wurde eine unrenovierte Wohnung übergeben, ist nach der nunmehr höchstrichterlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass die gesamte Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam ist. In der Folge muss weder der Mieter die Schönheitsreparaturen während der Nutzung durchführen, noch kann der Vermieter Schadensersatz verlangen, wenn der Mieter bei Auszug eine unrenovierte Wohnung zurückgibt (davon unberührt bleiben dürfte die Pflicht zur Rückgabe einer Wohnung in neutraler Dekoration, sofern diese auch in neutralen Farben übernommen wurde). Zudem kann der Mieter bei entsprechendem Renovierungsbedarf die Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter verlangen.

Bislang ungeklärt ist, was in Fällen gilt, in denen zwar eine renovierte Wohnung übernommen wurde, jedoch eine Klausel im Formularmietvertrag für den Fall der unrenovierten Wohnung den Lauf der dynamischen Renovierungsfristen vom Mietbeginn abhängig macht. Unabhängig von Einzelfall dürfte eine solche Klausel nach der neuen Rechtsprechung unwirksam sein. Die relevante Frage bei Übernahme einer renovierten Wohnung ist jedoch, ob die Unwirksamkeit auf die gesamte Schönheitsreparaturen-Klausel durchschlägt, selbst wenn die Klauseln im Mietvertrag textlich getrennt sind. Da die Rechtsprechung das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion in AGB gerade im Zusammenhang mit Formularmietverträgen weit auslegt, spricht vieles für eine Unwirksamkeit der gesamten Abwälzung der Renovierungspflicht auf den Mieter.

Unzulässigkeit von Quotenabgeltungsklauseln:

Beschäftigt und für unzulässig befunden hat der BGH sich auch mit der Frage von sogenannten Quotenabgeltungsklauseln in Formularmietverträgen. Dies sind Klauseln, welche den Fall der Beendigung des Mietverhältnisses betreffen, bevor die Renovierungsfrist abgelaufen ist. In derartigen Fällen wird der Mieter regelmäßig zur Zahlung der anteiligen Renovierungskosten verpflichtet.

Ein Beispiel: Laut Mietvertrag ist im Allgemeinen alle 5 Jahre zu Renovieren. Bei Auszug des Mieters ist die letzte Renovierung 2,5 Jahre her. Viele Quotenabgeltungsklauseln sehen vor, dass der Mieter in diesem Fall die hälftigen Kosten einer fiktiven Renovierung zu zahlen hat.

Diese Klauseln hat der BGH nunmehr für zu intransparent befunden, da der Mieter zu Beginn den Mietverhältnisses nicht absehen könne, welche Kosten später auf ihn zukämen. Letztlich ist das auch nachvollziehbar: Bei Verwendung eines (unzulässigen) starren Fristenplans hinsichtlich der Renovierungsabstände wäre eine vorherige Bemessung möglich. Starre Fristenpläne sind jedoch unzulässig, sodass stets auf den konkreten Renovierungsbedarf abzustellen ist. Der jedoch kann im Rahmen der Quotenabgeltung nur prognostiziert werden – und das ist tatsächlich nicht transparent und wenig bestimmt.

Schlussfolgerung:

Die Schlussfolgerung für Mieter ist klar: Es sollte bei Auszug genau geprüft werden, ob die im Mietvertrag verwendeten Klauseln wirksam sind. Auf diese Weise lässt sich eventuell viel Geld sparen.

Die Situation für Vermieter ist, insbesondere bei Abschluss neuer Mietverträge, schwieriger. Nur bei Übergabe einer vollständig renovierten Wohnung sollte noch eine Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter erfolgen, wobei darauf zu achten ist, dass Regelungen für den Fall der Übernahme einer unrenovierten Wohnung im Mietvertrag erst gar nicht enthalten sind.

Bei unrenovierten Wohnungen sollte auf eine – wohl ohnehin unwirksame – Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter gänzlich verzichtet werden. Stattdessen kann mit einer Vereinbarung, nach der einfach nur der Vermieter von seiner Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen befreit wird, zumindest verhindert werden, dass der Mieter schließlich vom Vermieter die Renovierung der Wohnung während des Mietverhältnisses verlangt.

Auf jegliche Quotenabgeltungsklausel sollte konsequent verzichtet werden.

Ausblick:

Bei Verfolgung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Thema Schönheitsreparaturen in der vergangenen Dekade zeigt sich, dass die beliebten Regelungen in Mietverträgen in auffälliger Regelmäßigkeit durch den BGH „kassiert“ werden, was stets zu Lasten der Vermieter geht. Aus Vermietersicht bietet es sich daher an, im Interesse der Rechtssicherheit lediglich die eigene Renovierungspflicht auszuschließen, jedoch von einer Übertragung auf den Mieter abzusehen. Es obliegt dann stets dem einziehenden Mieter, die Wohnung zu renovieren (oder unrenoviert zu belassen), dafür bestehen auch bei Rückgabe der Wohnung keine besonderen Anforderungen.

Vielleicht müssen sich lediglich Mieter und Vermieter von der Vorstellung befreien, jede Wohnung müsse in strahlendem Weiß übergeben werden.

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Marc-Daniel Volk



(Hinweis: Der vorstehende Artikel wurde aufgrund der offiziellen Pressemitteilung des BGH vom 18.03.2015 (Nr. 39/2015) verfasst, da die Urteile zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels noch nicht im Volltext vorlagen.)