201811.04
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BAG kippt die 40 €-Verzugspauschale im Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht hat jüngst entschieden, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Verzugspauschale in Höhe von 40 € bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers nicht zusteht. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Marc-Daniel Volk erläutert die Hintergründe in diesem Artikel in allgemeinverständlicher Weise.

Nachdem am 01.07.2016 die Neufassung des § 288 BGB in Kraft getreten ist, herrschte unter Arbeitsrechtlern die stetige Diskussion, ob die in Absatz 5 vorgesehene Verzugspauschale von 40 € auch von Arbeitgebern an Arbeitnehmer zu zahlen ist, wenn die Arbeitgeber in Zahlungsverzug geraten. Eine Situation, welche mitunter keine Seltenheit ist.

Zum Hintergrund

In § 288 Abs. 5 S. 1 BGB lautet es:

Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro.

Da nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) Arbeitnehmer Verbraucher und Arbeitgeber Unternehmer im Sinne der §§ 13, 14 BGB sind, lag es nahe, dass auch Arbeitnehmer Anspruch auf die Verzugspauschale haben, wenn Arbeitgeber mit der Zahlung des Gehaltes in Verzug geraten.

In der Rechtsprechung und Literatur wurde jedoch das Verhältnis zu § 12a ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) diskutiert, dessen Abs. 1 Satz 1 lautet:

In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistandes.

Über den Wortlaut der Norm, welcher sich letztlich nur auf das erstinstanzliche Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht bezieht, ist es ständige Rechtsprechung, dass die Norm auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch z.B. für die außergerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwaltes ausschließt.

Die Entwicklung in der Praxis

Obwohl immer Stimmen existierten, welche der Auffassung waren, durch § 12a ArbGG sei die Anwendung des § 288 Abs. 5 BGB gesperrt und die Verzugspauschale stehe Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht zu, hatte sich in der Praxis überwiegend die Auffassung durchgesetzt, dass die Verzugspauschale als Pauschale gerade keinen konkreten Verzugsschaden voraussetze und auch gezahlt werden müsse, wenn z.B. durch die betroffenen Arbeitnehmer gar kein Anwalt eingeschaltet werde. Die Verzugspauschale sei daher gar nicht auf die Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten gerichtet, sodass auch § 12a ArbGG auf diese nicht anwendbar sei.

Diese Auffassung überzeugte auch einen erheblichen Teil der Gerichte, sodass z.B. auch die Arbeitsgerichte Detmold und Bielefeld sowie das Landesarbeitsgericht in Hamm die Verzugspauschale regelmäßig zuerkannten. Dies konnte auch dazu führen, dass bereits bei einem Streit um wenige Euro Gehaltsdifferenz je Monat noch 40 € Verzugspauschale hinzu kamen – welche im Übrigen netto zu zahlen war.

Die Gegenauffassung

Die Kritiker verwiesen insbesondere auf § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB, welcher lautet:

Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

Diese Vorschrift sieht vor, dass die Pauschale wiederum auf einen Verzugsschadensersatzanspruch z.B. bzgl. der entstandenen Rechtsanwaltskosten anzurechnen ist; einen Anspruch, welchen es nach § 12a ArbGG gerade nicht gibt. Die Kritiker der Pauschale argumentierten daher, die Pauschale müsse durch § 12a ArbGG insgesamt „gesperrt“ sein, da sie einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zumindest dem Grunde nach voraussetze.

Umgekehrt hielt der Großteil der Praxis dem entgegen, dass – nur weil eine Anrechnung der Pauschale ausscheide – nicht die Pauschale selbst ausscheiden müsse.

Die Entscheidung

Für die Praxis schien die Diskussion schon längere Zeit beendet zu sein und die Pauschale war mehr oder weniger allgemein akzeptiert, bis das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 25.09.2018 – Az. 8 AZR 26/18 – die Verzugspauschale nun endgültig kippte. Nach der insoweit bislang lediglich veröffentlichten Pressemitteilung des BAG schließe § 12a ArbGG auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und mit diesem auch die Verzugspauschale aus. Die nähere Begründung bleibt abzuwarten.

Fragen zu diesem Thema beantwortet Ihnen gerne Rechtsanwalt Marc-Daniel Volk