202505.06
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Notarielle Vorsorgevollmachten – Was sind sie und warum sind sie wichtig?

Vorsorgevollmachten sind ein zentrales Instrument der selbstbestimmten Lebensgestaltung. Sie ermöglichen es, eine oder mehrere Vertrauenspersonen rechtsverbindlich zu bevollmächtigen, für den Fall der eigenen Entscheidungsunfähigkeit in Vermögens-, Gesundheits- und anderen persönlichen Angelegenheiten zu handeln. Besonders in komplexen Lebenssituationen – etwa bei Immobilienbesitz oder gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen – ist eine notarielle Ausgestaltung der Vorsorgevollmacht dringend zu empfehlen.

In diesem Beitrag erfahren Sie, warum eine notarielle Vorsorgevollmacht sinnvoll ist, welche Vorteile sie bietet und warum das seit 2023 eingeführte Ehegatten-Notvertretungsrecht sie nicht ersetzt.

Was ist eine notarielle Vorsorgevollmacht?

Bei einer notariellen Vorsorgevollmacht handelt es sich um eine vom Notar beurkundete Vollmacht, mit der eine oder mehrere Vertrauenspersonen bevollmächtigt werden, im Namen des Vollmachtgebers tätig zu werden. Die notarielle Vorsorgevollmacht kann:

  • als Generalvollmacht oder
  • mit eingeschränktem Umfang (z. B. ausschließlich Gesundheits- oder Vermögensangelegenheiten) ausgestaltet werden.

In der Praxis sind Generalvollmachten der Regelfall. Häufig enthalten diese zusätzlich eine Patientenverfügung sowie eine Betreuungsverfügung, wobei Letztere regelt, wen das Gericht im Falle einer Betreuung (etwa bei Streit oder Unklarheit) einsetzen soll.


Vorteile der notariellen gegenüber der privatschriftlichen Vorsorgevollmacht

1. Höchste Rechtssicherheit und Beweiskraft

Der Notar prüft die Identität und Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers. Er erläutert die Tragweite der Erklärung und berät zu Ausgestaltung und Reichweite. Dadurch entsteht eine rechtssichere, belastbare Vollmacht, die auch gerichtlichen Auseinandersetzungen standhält.


2. Beratung ist in den Kosten enthalten

Die umfassende notarielle Beratung ist Teil der gesetzlichen Gebühren nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und verursacht keine Zusatzkosten. Es fallen lediglich die gesetzlich vorgesehenen Gebühren an, die sich nach dem Vermögen des Vollmachtgebers richten. Hinsichtlich der Kosten gilt also auch hier das gesetzliche Sozialstaatsprinzip.


3. Akzeptanz bei Dritten

Notarielle Vollmachten werden von Banken, Behörden, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Grundbuchämtern in aller Regel problemlos akzeptiert. Demgegenüber stoßen privatschriftliche Vollmachten dort häufig an Grenzen – insbesondere, wenn es um Grundstücksgeschäfte oder Handelsregisteranmeldungen geht.


4. Formvorschriften für bestimmte Geschäfte werden erfüllt

Für Grundstücksgeschäfte (§ 311b BGB) und Registeranmeldungen (§ 12 HGB) verlangt das Gesetz eine notarielle Beurkundung oder zumindest öffentliche Beglaubigung. Eine notarielle Vorsorgevollmacht genügt diesen Anforderungen.


5. Wirkung über den Tod hinaus

Notarielle Vollmachten gelten im Zweifel auch über den Tod hinaus fort, sofern nichts anderes bestimmt ist. Es ist gleichwohl ratsam, die Fortgeltung ausdrücklich zu regeln, um etwaige Streitigkeiten zu vermeiden. Auf diese Weise können die Bevollmächtigten auch nach dem Tod des Vollmachtgebers weiter handeln, selbst wenn noch kein Erbschein erteilt wurde bzw. kein notarielles Testament existiert.


6. Widerruf jederzeit möglich

Der Vollmachtgeber kann eine Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen. Wichtig ist, dass der Widerruf auch praktisch durchgesetzt wird, z. B. durch Rückforderung erteilter Ausfertigungen, und der Notar über den Widerruf informiert wird.


7. Schutz vor Verlust – Ausfertigungen jederzeit möglich

Das Original verbleibt in der Urkundensammlung des Notars. Der Notar kann auf Wunsch jederzeit weitere Ausfertigungen erteilen. Diese stehen im Rechtsverkehr dem Original gleich. Bei privatschriftlichen Vollmachten hingegen existiert häufig nur ein Original, dessen Verlust fatale Folgen haben kann.


8. Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR)

Eine notarielle Vorsorgevollmacht wird auf Wunsch beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert. Ärzte und Betreuungsgerichte können im Ernstfall gezielt auf diese Information zugreifen, um schnell die richtige Person zu kontaktieren.


Notarielle Vorsorgevollmachten für Immobilieneigentümer und Gesellschaftsbeteiligte

Immobilienbesitz

Bei Grundstücksgeschäften ist die notarielle Form gesetzlich vorgeschrieben (§ 311b BGB). Eine notarielle Vollmacht befähigt den Bevollmächtigten dazu, im Namen des Vollmachtgebers Grundstücke zu veräußern, Grundschulden aufzunehmen oder bestehende Darlehen zu verwalten. Besonders praxisrelevant ist dies, wenn Ehepartner gemeinsam in einer Immobilie leben, die in Eigentum eines oder beider Ehegatten steht. Ein Ehepartner kann mit notarieller Vorsorgevollmacht auch ohne gerichtliche Betreuung handeln – beispielsweise beim Verkauf der gemeinsamen Immobilie zur Anschaffung einer barrierefreien Alternative. Ohne notarielle bzw. öffentlich beglaubigte Vorsorgevollmacht müsste in solchen Fällen in jedem Fall ein Betreuer durch das Betreuungsgericht bestellt werden und der Verkauf betreuungsgerichtlich genehmigt werden, was häufig mindestens mit erheblicher Bürokratie verbunden ist!


Beteiligungen an Gesellschaften (z. B. GmbH)

Inhaber von Geschäftsanteilen, insbesondere an GmbHs, benötigen für rechtssicheres Handeln regelmäßig eine notarielle Vollmacht – insbesondere bei Anteilsverkäufen oder Gesellschafterbeschlüssen. Dies ist wichtig, um z.B. im Falle der Handlungsunfähigkeit eines geschäftsführenden Gesellschafters schnell reagieren und die Geschäfte fortführen zu können.


Ehegatten-Notvertretungsrecht (§ 1358 BGB) – reicht das nicht aus?

Seit dem 1. Januar 2023 besteht ein gesetzliches Ehegatten-Notvertretungsrecht: Ehepartner dürfen einander in akuten Gesundheitsangelegenheiten maximal 6 Monate lang vertreten. Doch dieses Recht ist eingeschränkt:

  • Es erfordert eine ärztliche Bescheinigung über die Vertretungsbedürftigkeit.
  • Es gilt nur für Gesundheitsangelegenheiten, nicht für Bank-, Immobilien- oder gesellschaftsrechtliche Belange.
  • Es entfällt, wenn bereits eine (notarielle oder privatschriftliche) Vorsorgevollmacht besteht.
  • Bei längerer Erkrankung (z. B. Demenz) muss nach Ablauf von sechs Monaten ein gerichtlicher Betreuer bestellt werden – sofern keine gültige Vorsorgevollmacht existiert.

Das Ehegatten-Notvertretungsrecht ist daher kein Ersatz, sondern allenfalls eine Notfallregelung. Eine frühzeitig erstellte Vorsorgevollmacht, die grds. unbegrenzt lange Gültigkeit hat, bleibt unerlässlich!


Fazit

Eine notarielle Vorsorgevollmacht bietet gegenüber der privatschriftlichen Form ein Höchstmaß an Rechtssicherheit, Verbindlichkeit und Akzeptanz. Sie ist insbesondere für Immobilieneigentümer, Unternehmer und Menschen mit Verantwortung in der Familie ein unverzichtbarer Baustein der persönlichen Vorsorge und wird häufig zeitgleich mit einem notariellen Testament errichtet, um auch insoweit die Vorsorge zu vervollständigen.

Wer seine Angelegenheiten frühzeitig in geordnete Bahnen lenkt, schützt nicht nur sich selbst, sondern entlastet auch seine Angehörigen in einer ohnehin schwierigen Situation.

Ihr Ansprechpartner zum Thema Vorsorgevollmachten in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt und Notar Marc-Daniel Volk.

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